Podcast 03: Calafatiplatz & Stadtentwicklung

London und Paris waren zur der Zeit die impulsgebenden Städte. Wien sollte nicht den Anschluss verlieren. Also haben wir alles daran gesetzt, Wien von einer mittelalterlichen Befestigungsstadt zu einer modernen Metropole zu entwickeln. Schließlich sollte unsere Bundeshauptstadt die Habsburgermonarchie bei der Weltausstellung gebührend repräsentieren und Persönlichkeiten aus allen möglichen Ländern gebührend empfangen

– wie etwa der Schah von Persien, mit dem ich gemeinsam die Weltausstellung besucht habe oder der russische Zar Alexander II. und der deutsche Kaiser Wilhelm I..
Wir haben uns aber zu viel vorgenommen. Es konnten nicht alle geplanten Projekte rechtzeitig fertiggestellt werden. So glich der Gang über die Ringstraße eher einer Baustellenführung und statt der Eröffnung vom neuen Rathaus und der Wiener Börse haben wir nur die Grundsteinlegung feiern können.

Wegebenennung im Prater
Hier im Prater waren wir mit der Verwandlung schneller. Einige Hütten wurden abgetragen, neue entlang der Wege errichtet, Pächter ausgesucht und bald war das Areal fertig gestaltet. Damals wurden auch neue Straßennamen festgelegt: Große Zufahrtsstraße (jetzt Straße des Ersten Mai), Kleine Zufahrtsstraße (jetzt Zufahrtsstraße), Perspektivstraße und Ausstellungsstraße (heißen beide noch so). Auch der Wurstelprater hat einen neuen Namen bekommen - er sollte von nun an „Volksprater“ heißen.

Calafati
Hier am Calafatiplatz fällt mir die Geschichte meines lieben Freundes Basilios Calafati ein. Er war ja auch ein umtriebiger Kerl, immer mit neuen Ideen und viel Elan. Er ist mit seinem Fleiß ordentlich aufgestiegen. Zuerst war er ein Taschenspieler in den Praterhütten und dann hat er selbst einige besessen. Leider ist irgendwann in der Zeitgeschichte etwas durcheinandergekommen und ihr modernen Menschen haltet den großen Chinesen für den Calafati *lacht herzlich*. Tatsächlich war die Sache so: der Basilius hat das alte Karussell „zum großen Chineser“, das früher anders geheißen hat, von der Familie Martin gekauft und hat daneben später auch ein Wirtshaus gebaut. Das Karussell war sehr beliebt und wurde noch populärer als Calafati 1854 eine neun Meter hohe, prunkvoll gekleidete Chinesenfigur eingebaut hat, die sich mit dem Karussell mitdrehte. Diese Statue wurde zum Wahrzeichen des Wurstelpraters und ist auch hier auf dem Platz als Nachbau aufgestellt. Das Original stand samt Karussell seit 1935 unter Denkmalschutz, ist aber leider im Zuge des zweiten Weltkriegs zerstört worden.